Nähre mich mit Fragen
In einer Beziehung habe ich großes Glück gehabt: ich bin leidenschaftlich neugierig! Das hat sich in meinem Leben insofern als segensreich erwiesen, als dass ich dadurch alle Mechanismen, mit denen unser Körper – Seele – System auf große Erschütterungen antwortet, mit der Begeisterung eines Wissenschaftlers und eines neugierigen Kindes untersuche. Nicht nur um Leid zu reduzieren, sondern auch aus der Faszination für offene Fragen. Fragen sind Lebensmittel für mein inneres Bewegungssystem. Ich bin immer wieder fasziniert, was für ein seltsamer Segen uns auch in hochbelasteten Situationen durch die Neugier zuteil werden kann.

Essays als Form gedanklichen Webens
Fragen treiben mich an. Ich liebe es, verschiedene Perspektiven in einer Form zu verweben, die wissenschaftlich, persönlich und literarisch im einem ist. Mich hat der essayistische Stil, mit dem sich Autoren aus dem englischsprachigen Raum wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Fragen nähern, immer begeistert. Daraus ist diese Serie von Essays entstanden, der immer die Reflexion eines spezifischen neurophysiologischen Phänomens bei posttraumatischen Belastungsstörungen zugrunde liegt, die sich aber gleichzeitig in mir mit eigenen Erleben und Betrachtungen von Kunst, Philosophie und Psychologie verwebt.

Von Mandeln und Seepferdchen

Von Mandeln und Seepferdchen –

ein Tauchgang zu zwei Instanzen der Trauma-Neurophysiologie

Textauszug: […] Herrscht dort, in dem Gespräch zwischen Mandelkern, Seepferdchen und den Zonen bewußten Erinnerns, eine solche Verzerrung, verlieren wir die Fähigkeit, dem Erlebten einen Platz in Raum und Zeit zu geben. So entgleitet uns manchmal das Gefühl für Verortung, Zahl und Endlichkeit, wenn unser Mandelkern besonders erregt ist. In diesem Erlebensmodus wird ein Ereignis keine Geschichte.  Stattdessen geistern in uns unscharfe Gestalten. Bedrohliche Geister, wie sie zum Beispiel aus den Betten in diesem Raum aufsteigen könnten. Schemen, auf die der Mandelkern mit dem Ruf „Gefahr!“ reagiert. Untote, auf die unser Körper antwortet, bevor irgendetwas in uns erkennen kann „Ah, Du! Du dort, den ich aus dieser oder jener Situation kenne!“. […]

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