Schreiben und innerer Stimmklang
Ich nehme an, das jede Schriftstellerin auf eine andere Weise zu ihren Worten kommt. Bei mir ist es so, dass ich sie mit der Assoziation einer sprechenden Stimme in meinem Kopf höre. Dieses schwer erklärbare Phänomene ist umso stärker, je näher die Texte an den Meersaum zwischen Körperbewusstsein und explizitem Bewusstsein kommen. Diese Verbindung zum Klang beeinflusst so stark meine Entscheidung für oder gegen Worte und Grammatiken, dass mir bei den ersten Vertonungsversuchen klar war, welche Ebene sich dabei zusätzlich öffnet.

Vertonung als Verkörperung von Sprache
Ich glaube, um uns wirklich traumatischen Räumen nähern zu können – ob als Betroffene, Freunde und Angehörige oder Helfende – braucht es mehr verkörpertes Sprechen, dass sich in anderen Bereichen in uns entfalten kann als dem reinen Verstand. Klang und Musik sind dabei großartige Fahrzeuge, die sich mir erst in den letzten zwei Jahren tiefer erschlossen haben. Ich hoffe, ich kann es mehr und mehr ermöglichen, dass wir unsere Ohren an die Milchglasscheiben legen können, die die nicht Orte des Traumas von anderen trennt.

Das Rosenkissenmädchen und der Kindonkel

Transgenerative Weitergabe von Kriegstraumata

Dieser Text ist während der Corona-Ausgangssperre auf La Palma entstanden, die mit Mitteln durchgesetzt wurde, die die spanische Diktaturzeit atmosphärisch sehr nahe brachte. Kurz vorher hatte ich erfahren, dass ein geistig behinderter Großonkel während der Nazidiktatur ermordet wurde und wie sehr sich die Szene seines Rausreißens aus der Familie durch Krankenschwestern  in das Gedächtnis meiner Mutter eingegraben hatte. Textauszug: […] Die Bomben zischen, der Knall kommt später. Der große Knall auch, der, der sich mehr in die Zellen des Rosenkissenmädchens eingräbt als die vom Himmel fallenden Explosionen. Er kommt mit weißen Hauben, ein Wunder wie die diese Farbe behalten, in dieser Zeit. Auf dem Weiß ein rotes Kreuz. Krankenschwestern. Geschwister, ältere Schwestern für Schwache, die so glauben die Menschen um das Mädchen, gekommen sind um zu helfen. Vielleicht Wasser zu bringen, das ist rar. Der Kindonkel denkt nichts, er weiß nur dass er zu den Menschen im Abteil dazu gehört und dass sie ihn lieben […]

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