Das Mysterium posttraumatischen Wachstums
Vor einigen Tagen las ich, dass es eine Gehirnregion gibt, die dem Willen zum Durchhalten zugeordnet wird. Sie hört auf den Namen “anteriorer medialer cingulärer Cortex”. Ich habe mich gefragt, ob sie auch mit der Geste des Weitergehens verbunden ist, das viel mehr bedeutet als “einfach Weitermachen”. Weitergehen ist die in uns wirkende Kraft, die das Mysterium des posttraumatischen Wachstums zum Vorschein bringt. Und mehr noch: mir kommt der tief in unseren Zellen verwurzelte Drang zur Weiterentwicklung wie eine beständige Liebesgeste an das Leben vor.

Das Staunen über meine Wiederaufnahme des Weitergehens
Als ich Ende 2019 mit einer lebensbedrohlichen Pankreatitis und einem verstörenden menschlichen Verrat im Moment größer physischer Note ins Krankenhaus kam, schien nichts mehr in mir gehen zu können und zu wollen. Das trotzdem etwas in mir das Gehen wieder aufgenommen hat, lässt mich manchmal andächtig staunen. Denn der Drang dazu bringt uns in Kontakt mit den Kräften des Lebens selber. Hier finden sich Texte, die in unterschiedlichster Form das Weitergehen, die Erweiterung in neue Gelände und letzten Endes auch unser unendliches Wachstum erforschen.

Gehen, eine Liebesgeste

Gehen, eine Liebesgeste –

Über die Urgeste des Weitermachens 

Trauma bedeutet ja nicht nur “Etwas ist geschehen.”. Vielmehr bedeutet es, sich danach unversehens in einem inneren entsetzlichen Ort zu landen, wo wir keine Idee haben, wie wir uns von dort wegbewegen können. Trauma bedeutet fast immer, danach die Ohnmacht des “Ich weiß nicht, wie es jetzt noch weitergehen kann.” zu erleben. Und trotz dieses Unwissens gibt es etwas in uns, dass in der tiefe unserer Zellen die Geste des Weitergehens beherrscht. Etwas, das älter ist als unser bewußtes Ich, älter als die vernichtenden Emotionen. Es ist etwas, das eine beständige Liebesgeste an das Leben vollzieht. […] Ich habe das Bedürfnis, dass eine Erzählung weitergeht, dass es weitergeht auf den Wiesen und Mooren, den sichtvollen und sichtlosen, sogar den aussichtslosen Geländen. Ich habe das Bedürfnis, dass das Gehen weitergeht […]

Ganzen Text lesen

Johanna, Kanäle

Hypovgilanz, Lustöffnungen und subkortikales Schreiben

Wenn ich von all meinen Texten einen aussuchen müßte, mit dem sich in meinem Schreiben am meisten geöffnet hat, dann wäre es dieser. Er hat mich verstehen lassen, dass ich immer auf der Suche bin nach einem Schreiben, das tief in den Köerper eintaucht. Einer der Begriffe, die ich dafür gefunden habe, ist “subkortikales Schreiben” – ein Schreiben unterhalb der Zonen, wo wir sagen können “Ich”. Der Text ist ein Ringen um Öffnungen zu den Tränen, sexueller Lust und dem “flüssiger Werden”. Textauszug: […] Manchmal langweile sie sich, würde sie sagen, damit beginnt es, beginne es immer, es gefiele ihr nicht. Es gefiele ihr nicht, sagt sie, es sei auch ein Nichtwissen, wie es ginge, gehen könnte, anders gehen könnte oder ob überhaupt. […]

Ganzen Text lesen

Johanna, Kanäle

Hypovgilanz, Lustöffnungen und subkortikales Schreiben

Wenn ich von all meinen Texten einen aussuchen müßte, mit dem sich in meinem Schreiben am meisten geöffnet hat, dann wäre es dieser. Er hat mich verstehen lassen, dass ich immer auf der Suche bin nach einem Schreiben, das tief in den Köerper eintaucht. Einer der Begriffe, die ich dafür gefunden habe, ist “subkortikales Schreiben” – ein Schreiben unterhalb der Zonen, wo wir sagen können “Ich”. Der Text ist ein Ringen um Öffnungen zu den Tränen, sexueller Lust und dem “flüssiger Werden”. Textauszug: […] Manchmal langweile sie sich, würde sie sagen, damit beginnt es, beginne es immer, es gefiele ihr nicht. Es gefiele ihr nicht, sagt sie, es sei auch ein Nichtwissen, wie es ginge, gehen könnte, anders gehen könnte oder ob überhaupt. […]

Ganzen Text lesen

Ohren, Nacht

Ohren, Nacht

Verlust und die Öffnung ins Unbenannte

Ich weiß nicht, ob Verluste für Menschen besonders schlimm sind, die auf wankendem Boden aufgewachsen sind. Aber vielleicht entsteht da noch mehr Notwendigkeit, sich auf etwas beziehen zu können, was außerhalb einer konkreten menschlichen Bindung steht. In einer der größten Verlusterfahrungen hat sich für mich mit einem Mal mein Bezug zu etwas Überpersönlichem geöffnet und es scheint mir seitdem, als würden wr das in der Liebe immer tun. Textauszug: […] Wie wäre es, wenn das Ohr die Nacht wäre, wenn da niemand wäre, nur die Nacht? Wie wäre es, wenn ich in dieses Dunkel hineinsprechen würde und es mir antwortete, mütterlich, nein, ich will nicht sagen mütterlich, eher: wie Milch. Wie wäre es, wenn ich dahinein Worte richten würde, Du weißt warum ich das frage, wer würde mir da entgegensprechen? […]

Ganzen Text lesen

Eine Welt aus Fuss

Was uns Schmerzen über die Angstfreiheit unseres Gegenwartsinnes lehren können

Unterschiedliche akute oder chronische Schmerzen sind eine besonders häufige Traumafolge. So entsetzlich belastend das auch ist, haben intensive Schmerzerlebnisse in meinem Leben tatsächlich auch Türen geöffnet. […]So seltsam es ist: aus Schmerzen kann man auch Kraft ziehen. Nicht, dass ich nicht trotzdem, und mit aller Intensität wollte, dass sie aufhören. Aber wenn es durch irgendeine seltsame Gnade gelingt, durch den Schmerz hindurch die reine Bedeutung von „Ich bin da. Ich lebe, fühle und bin da. ” zu spüren, dann kann das Kraft geben. […]

Ganzen Text lesen

Eine Welt aus Fuss

Was uns Schmerzen über die Angstfreiheit unseres Gegenwartsinnes lehren können

Unterschiedliche akute oder chronische Schmerzen sind eine besonders häufige Traumafolge. So entsetzlich belastend das auch ist, haben intensive Schmerzerlebnisse in meinem Leben tatsächlich auch Türen geöffnet. […]So seltsam es ist: aus Schmerzen kann man auch Kraft ziehen. Nicht, dass ich nicht trotzdem, und mit aller Intensität wollte, dass sie aufhören. Aber wenn es durch irgendeine seltsame Gnade gelingt, durch den Schmerz hindurch die reine Bedeutung von „Ich bin da. Ich lebe, fühle und bin da. ” zu spüren, dann kann das Kraft geben. […]

Ganzen Text lesen

Makel, lange genug

Von der Zärtlichkeit gegenüber unseren Versehrtheiten

In der Zeit, als dieser Text entstanden ist, war ich sehr oft in der Sauna. An diesem Tag wurde mir bewusst, wie groß meine Gerührtheit über menschliche Brüche, Versehrtheiten und Unvollkommenheiten ist. Das hat mir auch ein anderes Verhältnis zu meinen eigenen Wunden gegeben. Ich hoffe, von dieser Wunden Zärtlichkeit etwas weitergeben zu können.

Textauszug […]…es ist auf eine tröstliche Weise schön, das Misslingen, dieses leichte, in den Körper eingeschriebene Misslingen, unser Angehen, sich Auflehnen dagegen, das Misslingen und die Scham. Die Scham, die kleine, immer offene Wunde des Fehlers, des Makels, des Verfehlten, all der feinen, tröstlichen Brüche in der erschlagenen Größe des Gelingens. […]

Ganzen Text lesen

Trost, Worte haben

Ein liebender Ruf nach den Worten

Dieser Text ist einer der ältesten auf dieser Seite und stammt aus einem Gedichtszyklus über die “Mnemosyne – die Muse der Erinnerung”.  Die hat mich eine Weile sehr beschäftigt, weil ich verschiedene Arten des traumatischen Vergessens kenne: von kompletten Amnesien wie bezüglich Details der Mißhandlung durch eine Psychotherapeutin über “Gefühlsvergessen” – das heißt dem Erinnern ohne zugehörige Emotionen. Und wo die Mnemosyne fehlt, da fehlen uns auch die Worte, die wir so dringend benötigen. Textauszug:[…] Wir werden die entkommenen Kinder aus den Salzmeeren atmen lehren mit den Worten für die Schwarzflut, für den Würgeort, für die mundlosen Zeichen der Angst, für den Totenblumentrotz, für die Vergangenheit und für das andere auch, für die Wellen, die uns den Kopf nicht brachen, für die Wärme zwischen den Handkuhlen, für die Gezeiten, für die Kinder und den Trost: Worte werden wir haben. […]

Ganzen Text lesen

Trost, Worte haben

Ein liebender Ruf nach den Worten

Dieser Text ist einer der ältesten auf dieser Seite und stammt aus einem Gedichtszyklus über die “Mnemosyne – die Muse der Erinnerung”.  Die hat mich eine Weile sehr beschäftigt, weil ich verschiedene Arten des traumatischen Vergessens kenne: von kompletten Amnesien wie bezüglich Details der Mißhandlung durch eine Psychotherapeutin über “Gefühlsvergessen” – das heißt dem Erinnern ohne zugehörige Emotionen. Und wo die Mnemosyne fehlt, da fehlen uns auch die Worte, die wir so dringend benötigen. Textauszug:[…] Wir werden die entkommenen Kinder aus den Salzmeeren atmen lehren mit den Worten für die Schwarzflut, für den Würgeort, für die mundlosen Zeichen der Angst, für den Totenblumentrotz, für die Vergangenheit und für das andere auch, für die Wellen, die uns den Kopf nicht brachen, für die Wärme zwischen den Handkuhlen, für die Gezeiten, für die Kinder und den Trost: Worte werden wir haben. […]

Ganzen Text lesen

Trost, Orte zu bleiben

Trost, Orte zu bleiben

Über die Sehnsucht nach der bleibenden Zuflucht

Auch dieser Text ist, wie “Trost, Worte haben” Teil eines Zyklus über das Erinnern und Vergessen. Lange Zeit habe ich mich selbst so wenig als “Haus für mich” empfunden, dass mir die Welt ohne möglichen Zufluchtsort erschien. Ich bin sehr dankbar, trotzdem eine Zuversicht entwickelt zu haben, den “Mädchen aus dem mundlosen Danach” einmal ein Zuhause sein zu können. Und noch dankbarer, das mehr und mehr erschlossen zu haben. […] Ich lade die Glasmädchen ein, die keinen Körper hatten, auf der Bauchdecke zu schlafen, wo das Wasser flach ist und warm und genug für das Tasten der Wellen kleiner Zeichen. Wenn eine nur noch die Augen bewegen kann, versteht man dort diese Sätze, meine Tastatur reagiert auf Wimpernschläge und ich schreibe mit den lachsfarbenen Zeichen Schwarz wie Melancholia oder Blauweiss wie Angst, wenn sie es wünschen, die Mädchen aus dem mundlosen Danach. […]

Ganzen Text lesen

Ermüdungserscheinungen

Reflektionen zur Corona-Ausgangssperre

Das ist ein Text aus einer Serie von Kurztexten, die während des Corona-Lockdowns entstanden sind. In dieser Zeit habe ich eine neue Tradition begonnen: etwa 1x pro Woche habe ich an meine Freunde und Bekannten eine Kombination aus aktuellen Fotos und einem Text versendet, die diese besondere Zeit reflektieren und jeweils mit einer Frage enden. Es ist für mich unendlich berührend, wieviel digitaler Wärmeaustausch und unvermutete Nähe entstanden ist.  Textauszug: […] …wo die Zäsur zum Alltag wird, verliert sie ihren Glanz. Sie verliert die leuchtende Schwärze des Abgrunds oder das überstrahlende Weiß des Möglichkeitsorts. Der lange Atem wird kürzer. Es ist der Alltag, der die Menschen müde macht.  […]

Ganzen Text lesen

Ermüdungserscheinungen

Reflektionen zur Corona-Ausgangssperre

Das ist ein Text aus einer Serie von Kurztexten, die während des Corona-Lockdowns entstanden sind. In dieser Zeit habe ich eine neue Tradition begonnen: etwa 1x pro Woche habe ich an meine Freunde und Bekannten eine Kombination aus aktuellen Fotos und einem Text versendet, die diese besondere Zeit reflektieren und jeweils mit einer Frage enden. Es ist für mich unendlich berührend, wieviel digitaler Wärmeaustausch und unvermutete Nähe entstanden ist.  Textauszug: […] …wo die Zäsur zum Alltag wird, verliert sie ihren Glanz. Sie verliert die leuchtende Schwärze des Abgrunds oder das überstrahlende Weiß des Möglichkeitsorts. Der lange Atem wird kürzer. Es ist der Alltag, der die Menschen müde macht.  […]

Ganzen Text lesen