Morgen (Vorsicht! Starke Triggergefahr!)
Morgen
Schuldumkehr und Wirklichkeitsumdeutung während der Tat
Er schlägt ihr ins Gesicht, mit einem frischen, knackenden Schlag. Ihre Lippe springt, sie denkt „Drei Tropfen Blut.“ Sie beugt sich hinunter und tupft sie auf die Tischdecke, weiß, gestärkt, mit Stickerei, sie beugt nur den Kopf, die Tischdecke bewegt sie nicht.
Sie sagt „Komm.“ Und er schlägt ihr mit dem Unterarm auf die Stelle zwischen Ohr und Jochbögen, etwas Blut stürzt aus ihrem Mund und sie lacht unsicher. Sie tupft mit dem Handballen in ihren blutigen Mund und drückt ihn auf die Fensterscheibe, drei Mal. Sie denkt, dass er schöne Unterarme hat mit blonden Haaren und blauen Adern. Er weint. „Warum tust Du mir das an?“ und packt sie hart am Kiefer, seine Hand wie eine Klammer um ihre Kieferknochen, sie würgt und spuckt vorsichtig einen Zahn, lässt ihn schüchtern wie eine weiße Perle aus ihrem Mund gleiten, ein Geschenk. Er wischt ihn zärtlich mit der linken Hand aus dem Mund hervor, betastet ihn, liebkost ihn, „Brautschmuck“ sagt er mit einen Lächeln unter Tränen, was sie nicht sieht, aber zu hören meint. „Brautschmuck.“ Er weint, er reißt ihren Kopf nach hinten „Warum tust Du mir das an?“
Sie öffnet den Mund, ein Vogelmund mit einer roten Himbeerzunge, rot von Blut, er tupft seine Zunge in ihren Mundwinkel mit dem Blut, während sie spürt, wie seine Hand nach unten gleitet zu der Öffnung seiner Hose, der Handrücken streift ihren Bauch. Er riecht gut denkt sie, er reißt ihren Kopf mit der rechten Hand noch weiter nach hinten und drückt ihn seitlich auf den Tisch, dunkles Holz, das ein wenig feucht riecht, wie kürzlich gewaschen, ganz in der Nähe schneeige Baumwolle.
Er legt ihr die Hand über das Gesicht, hält sie offen, den Ballen in ihrem Mund, sie riecht ihn, riecht, dass er unten war. Er streicht mit der rechten Hand über ihre Schläfe, das hellbraune Flaumhaar vor dem Ohr, entlang an der Halslinie, der Ader, er drückt darauf, bis ihr Kopf dunkel und leicht wird, sie denkt „Endlich.“ Er lässt los und lacht. Dann gleitet er ihren Rücken hinunter, das T-Shirt ist hochgerutscht, er fährt den Rückenflaum hinunter, der feucht ist, hinunter bis zu ihrer Spalte. Er öffnet ihren Gürtel, nimmt ihn heraus und schlägt die Schnalle kurz gegen die Schläfe, wie im Spiel. Er küsst sie dort. Sie spürt, dass er oberhalb seiner Lippen nass ist, Tränen, denkt sie, er nimmt sie um die Schultern, hält ihren Kopf vorsichtig im Arm und wiegt sie wie ein Kind. Er legt sie nach hinten auf das Sofa, ein Kissen darüber, es kratzt, sie sagt „Es kratzt.“ Er: „Sei doch nicht so.“
Sie möchte schlafen und schließt die Augen, er löst die Hand um ihren Kopf und streift den Bauch entlang, öffnet ihre Hose, leise, wie um sie nicht zu wecken. Sie liegt mit dem Gesicht zur Seite, dunkle Stuhlbeine, sie ist müde. „Schlaf ein wenig“ sagt er und streicht mit der Hand über den Bauch, der warm ist, legt ihr die Hand auf die Hüfte und rammt ihr das Knie zwischen die Beine mit seinem blonden Köper, 90 Kilo, kein Fett. Sie hört es krachen oder knacken, da wimmert jemand, denkt sie und: „Ich müsste mehr Sport machen.“ Sie legt ihm beruhigend die Hand auf den Arm. Er zerrt ungeduldig ihre Hose hinunter. „Ruhig, ruhig.“ will sie sagen und es klingt wie ein dumpfes Malmen geschwollener Flächen. „Zu müde.“ denkt sie, „Na ja.“ Sie hört Geräusche, metallische, vielleicht ein Reißverschluss und er sagt „Du musst den Müll raustragen.“ Sie will sagen „Morgen.“, aber er reißt ihr den Mund auf, die Finger in den Mundwinkeln, die Nase zugehalten, als ob sie sich wehren würde. Er sagt „Morgen.“ und lacht, während er sich in ihren Mund stößt, sie schmeckt ihn, gewaschen, das Schamhaar nicht rasiert. Er bewegt ihren Kopf hin und her und vor und zurück, der Kopf ist leicht und bietet keinen Widerstand. Vielleicht wird es ihr wieder zur Nase herausspritzen, denkt sie. Er streicht ihr mit dem Daumen vorsichtig eine Strähne von der geplatzten Schläfe. „Morgen.“, sagt er. „Die schweren Sachen trage ich.“
(c) Judith de Gavarelli 2007